Die Spaßmacher verbreiten weiter Freude
von Andreas Jahnecke
Bolz und Kind jagen sich weiter – Niesel mit Traumtor – Jena nur noch Glanz alter Tage?
Am Ende eines wohl der letzten meteorologisch schönen Tage in diesem doch sehr unrund verlaufenden Jahr 2020 wetteiferten die 96er und die Sonne um die Wette, wessen Strahlkraft wohl in der Lage ist die Andere zu dominieren. Blickte man nach dem Oberligaspiel gegen die Zweitvertretung des FC Carl Zeiss Jena in die Gesichter der blau-rot gewandeten Spieler und deren Publikum, war der Sieger in diesem „Wettbewerb“ unschwer zu erkennen. Mit einem deutlichen 3:1 schickten die Gastgeber ihren Kontrahenten saaleaufwärts in das „Paradies“ am Fuße der Kernberge. Inwieweit dort noch paradiesische Verhältnisse herrschen bleibt sicher Spekulation jedoch lässt die Aussage eines „Zeissianers“ , „…wenn wir beim Training zu oft nur zu sechst auf dem Platz stehen und das Training häufig von unserem heutigen Käpt’n geleitet wird“, den einen und anderen Gedankengang zu. Ein komisches Gefühl beschleicht da sogar den Berichterstatter, welcher selbst noch die großen Spiele der Blau-Gelb-Weißen, Stichpunkte AS Rom (4:0 mit dem „zweifachen“ Andreas Bielau, nach 0:3 im Hinspiel), EC II- Finale 1981 gegen Dynamo Tbilissi (1:2 gegen die Georgier) in Düsseldorf miterlebt hat.
So wunderte es am Ende nicht wirklich, dass die Gäste nach starken 15-20 Anfangsminuten ihre sichtbar vorhandenen individuellen Qualitäten nicht als Mannschaft auf den Platz bringen konnten und die wegen der Spielabsage der eigenen „Ersten“ von oben gereichten Verstärkungen fast wirkungslos verpufften. Anteil an dieser Entwicklung des Spieles hatten natürlich zu allererst auch die Gastgeber, welche sich nach Startschwierigkeiten immer besser zusammen und damit auch in das Spiel fanden.
Wenn man noch das Fehlen der kompletten Stamminnendeckung, Kapitän Arnold Schunke und Gino Böhne, mit in die Betrachtung einfließen lässt, bekommt das Gesamtbild VfL Halle 96 an diesem Tag sicher noch einmal einen anderen Ausdruck auf den Betrachter. Dieser sah mit fortschreitender Spieldauer eine VfL96-Mannschaft welche immer besser in das Spiel fand und den Kontrahenten damit auch mehr und mehr in den Griff bekam. Torabschlüsse von Linus Lorenz, 2 x Tommy Kind und Max Zimmer (17., 24., 33., 43.) landeten zwar noch bei FCC-Hüter Alexios Dedidis oder rauschten knapp am Tor der Gäste vorbei, waren aber sichtbarer Ausdruck zunehmender Dominanz in Blau-Rot.
Diese spiegelte sich dann auch in der Führung „zu einem psychologisch günstigen Zeitpunkt“ wieder. Aus dem Gewühl im Gästestrafraum spitzelt Kind den Ball zu Nils Morten Bolz und der schießt aus Nahdistanz zum 1:0 und damit gleichzeitig zu seinem 5. Saisontreffer ein (44.).
Mit dieser knappen aber verdienten Führung ging es in die Pause.
Aus dieser kam dann der Gast vom Oberlauf der Saale zunächst wieder besser, jedoch hielt diese Phase nicht übermäßig lange an. Eric Steven Kirst, 2 x Bolz und Konstantin Eder kamen zu den ersten aussichtsreichen Gelegenheiten im zweiten Spielabschnitt (52., 54., 55., 57.). Dann war es jedoch erneut soweit, es durfte gejubelt werden. Steven Niesel erhält halblinks im 16er den Ball und versenkt das Spielgerät im oberen Torwinkel, zweiter Pfosten, sehenswert zum 2:0 (59.).
Die Vorentscheidung? Sicher konnte man sich dessen nicht sein, denn in der 67. Minute schickte der sicher amtierende Spielleiter Hannes Wilke (Trebbin) Vincent Dabel mit Gelb-Rot vorzeitig unter die Dusche. Aus der nummerischen Überlegenheit konnte der FCC II allerdings kein Kapital schlagen. Die Überzahl der Gäste war so gut wie nicht erkennbar und es sollte sogar noch dicker kommen. Der eingewechselte Giorgaki Tsipi wird steil auf die Reise geschickt, zieht in die Box, legt quer auf Kind, der tanzt noch A. Dedidis aus und schiebt zum 3:0 und damit ebenfalls zu Saisontor Nummer 5 ein (83.).
Der Ehrentreffer sollte den Jenensern aber noch gelingen, auch der kam dabei aus der Kategorie Sehenswert. Kapitän Maximilian Schlegel sieht Magnus Janek Elm etwas zu weit vor seinem Tor stehen und überwindet den in seinem ersten vollen Oberligaspiel nur wenig geforderten Nachwuchskister aus der „Zoologenakademie“ aus gut 18 Metern Torentfernung zum 3:1-Endstand (85.).
Unter den 136 zahlenden Zuschauern befand sich auch Neuzugang Luca Shubitidze, welcher auf Grund fehlender Spielgenehmigung noch auf der Tribüne Platz nehmen und lediglich die Daumen drücken konnte. Das hat aber schon einmal gut funktioniert! Überraschend gut, bezogen auf das doch sehr kurze Zeitfenster, ist beim Halleschen Traditionsverein auch das zu Saisonbeginn ausgerufenen Projekt „Mehr Fußball wagen“ vorangekommen.
„Das hat auch eine Menge mit unserem neuen Co-Trainer Ivan Markov zu tun, wir ergänzen uns hervorragend“, benennt Cheftrainer Rene Behring einen wichtigen Aspekt der aktuellen Entwicklung im „HWG-Stadion am Zoo“. Und genau da soll der Spaßfaktor dauerhaft Einzug halten, die ersten Schritte dazu sind dabei getan.
Der VfL spielte mit: Elm, Dabel, Bolz (74. Tsipi), Zimmer, Klitscher, Eder (80. König), Niesel (85. Keita), Lorenz, Kind, Kretschmer, Kirst (74. Merhawi)
Zuschauer: 136 (zahlende)
Fotos vom Spiel der Oberliga-Mannschaft
Fotograf: Jens Franke
Beitrag veröffentlicht am 5. Oktober 2020